Der Stopp in Jens Boatyard war nur kurz. Wir holten die Reste unserer Bestellungen samt Rechnung ab und werkelten ein wenig an Sea Chantey. Auch hatte ich Zeit für ein Experiment, ich habe gebacken. In kürzester Zeit hatte ich einen ganz ordentlichen Brotteig ohne Rezept angemischt, da ich mir aber mit dem Backen im Backofen nicht sicher war (schliesslich buk ich zum ersten Mal mit einem Gasofen), buken wir einen Teil des Teigs an Stöcken über dem Feuer. Das Schlangenbrot gelang und auch den kleinen Laib Brot aus dem Ofen empfanden wir als gut. Er war unser Frühstück an einem windigen, kühlen Freitag, als wir nach Whycocomaq aufbrachen. Wir hatten Gegenwind und kämpften uns in langen Schlägen durch den westlichen Arm des Lake Bras d’or. Den ganzen Tag kreuzten wir auf, ohne zu glauben auch nur die Hälfte des Weges zurücklegen zu können. Bei Sonnenuntergang retteten wir uns nach Little Harbour, das kreisrund ist mit einer winzigen Einfahrt und deshalb gegen alle Windrichtungen Schutz bietet. Da unser Wetterbericht viel Wind und Sintflutartigen Regen angesagt hatte, versteckten wir uns einen ganzen Tag lang vor dem schlechten Wetter. Wir fanden an diesem Samstag vermutlich alle undichten Stellen unseres Decks.

Am Sonntag brachen wir früh auf. Der Wind war leicht und das Wetter trocken aber bewölkt und kalt. Wir segelten bis zur Barrastrait Bridge, nördlich von ihr mussten wir die Hilfe unseres Motors in Anspruch nehmen, da wir uns am Abend in Whycocomaq mit Retos Onkel und Tante verabredet hatten. Zumal wir seit zehn Tagen keine Dusche mehr gesehen hatten, machten wir einen kurzen Zwischenstopp in Baddack, der Sommerresidenz von Alexander Graham Bell, dem Erfinder des Telefons. Eine Stunde später setzten wir wieder die Segel und jagten mit jeder Böe dem Indianerreservat Whycocomaq entgegen. Unter voller Besegelung neigte sich Sea Chantey um dreissig Grad, aber wir waren unter Zeitdruck. Nur ging uns nach der Little Narrows Ferry der Wind aus, weshalb wir den Rest unter Motor machten. So kamen wir aber rechtzeitig in Whycocomaq an um Thanksgiving in unserem Lieblingsrestaurant zu feiern, welches einer schottischen Familie gehört. Wir haben uns dort mit Kristen, der Tochter des Wirts angefreundet. Ausserdem kamen wir so zu unseren Kartoffeln.

Am Montagmorgen besahen wir zunächst die Beule, die Reto Sea Chantey beim Anlegen zugefügt hatte. Es war schon dunkel gewesen, weshalb Reto den vorstehenden Pfeiler des Pier nicht gesehen hatte und damit kollidiert waren. Aber ausser Lackschaden war alles in Ordnung. Da wir Richard am Nachmittag erwarteten, machten wir einen Besuch bei Tim Hortons, dem in Kanada häufigsten Coffee Shop, um das Internet zu benutzen. Ich arbeitete, Reto plauderte – stundenlang, bis ich endlich meine Blog up dates erledigt hatte. So waren wir keine Viertelstunde zu Hause als Richard seinen Weg von der Strasse ganz allein zum Pier fand! Und er brachte Post: Meine vergessenen Notizen zum nächsten Buch, Chräbeli, Käpt’n Tollys Ritzenkleber, zwei Flaschen Rum und so weiter. Aber keine Heizung. Diese war nie zu Retos Eltern geliefert worden, wir heizen also weiterhin mit der Petrollampe. Den ganzen Nachmittag brauchten wir, bis Richard richtig eingezogen war.