Wir wurden am folgenden Morgen wieder früh geweckt, denn wir sollten den Steg wechseln, damit der Pier, an dem wir gerade lagen, für den Winter entfernt werden konnte. Wir entschieden uns aber kurzum aus Bar Harbor zu fliehen. An diesem a****kalten Tag wollten wir nicht allzu weit segeln, zumal wir auch immer noch sehr müde waren und die Kälte unserer Erholung gegenwirkte. So umrundeten wir nur das südliche Ende der Mount Desert Island und baten in der nächsten Marina um einen Liegeplatz. Nur war Northeast Harbor überbelegt mit Fischerbooten und alle Plätze mit Stromanschuss besetzt. Ein kurzes Telefonat des Hafenmeisters verschaffte uns aber einen Liegeplatz mit Stromanschluss im nächsten Hafen, der nur eine halbe Stunde entfernt lag. Wir erreichten bald einen grossen Hafen und wurden hinter einem viermastigen Schoner vertäut. Zack, schon hatten wir unseren Elektroofen eingesteckt und endlich konnten wir die Kälte aus unseren Gliedern vertreiben.
Die kleine Ortschaft Southwest Harbor ist im Sommer ein Feriengebiet, im Winter schliesst fast alles. Doch wir «Böötler» fanden alles vor, was wir benötigten. Direkt neben der Marina befand sich ein Marine Fachgeschäft, in das wir zwei Winkel für unsere Heizung bestellten. Den Hardware Store besuchten wir während zwei Tagen drei Mal, bis wir uns mit allem ausgerüstet hatten. Eine kupferne Leitung für den Überlauf der Dieselheizung und das entsprechende Werkzeug zur Montage erstanden wir nach und nach. Ebenso mehr Thermo-Socken und je eine Kaninchenfellmütze der Marke Yukon. Der Wetterbericht kündigte Schnee an – und wir wollten vorbereitet sein! In die örtliche Bar schafften wir es nie, aber in einem kleinen Café, plauderten wir etwas mit dem gelangweilten Personal. Die junge Frau studierte Verlagswesen, weshalb wir uns viel zu erzählen hatten. Ein wahres Erlebnis war das Lebensmittelgeschäft: Der Tante-Emma-Laden entpuppte sich als Comestibles, nur das beste vom Besten aus der ganzen Welt. Schmunzelnd kaufte ich ein Säckchen Ricola, weil Reto in dieser Zeit etwas erkältet war. Viel heilsamer erschien mir aber das Gespräch mit den Ortsansässigen zu sein: Wir blockierten bestimmt eine halbe Stunde die Kasse, weil wir mit der Kassiererin und einem Kunden übers Reisen diskutierten. Unsere freundliche Kassiererin erzählte uns, sie sei noch nie geflogen und mache nur Urlaub, wo sie mit ihrem Auto hinfahren konnte. Damit war sie ein krasses Gegenteil zu der Dame vom West Marine: Die ältere Dame erzählte uns wie sie mit ihrem Mann bis in den späten November irgendwo festsass, weil sie auf die Geburt ihres Kindes warten mussten. Mit dem frisch geborenen Kind spedierten sie dann ihr Boot (ganz ohne Heizung) während einiger Wochen nach Hause. Generell dünkte es mich, dass manche segelnden Pärchen ihre Kinder extremen Bedingungen aussetzten. Auch unsere Hafenmeisterin Jane erzählte uns, wie ihre Eltern mit ihr als Säugling den Atlantik überquert hatten. Offenbar hatten diese gelegentlich mit stürmischem Wetter zu kämpfen, während die kleine Jane in der Kabine schrie. Sie erzählte uns dies mit einem breiten Lachen im Gesicht und fütterte die Gans. In unserem Hafen lebte seit drei Jahren ein entflohener Gänserich. Die Leute mochten ihn sehr und fütterten ihn mit Apfelstücken, denn diese schien er besonders gerne zu fressen. Jane erklärte lachend, sie hätten mehrmals versucht ihn zu fangen, aber niemand hatte es bisher geschafft, was sie sehr freute. Wir tankten Sea Chantey auf und bohrten das Loch für den Kamin ins Dach. Auch die Überlaufleitung montierten wir, einzig das Aufkleben des Doughnuts blieb noch zu tun. Doch dazu kamen wir nicht mehr, weil wir weiter wollten.