Ein Sturm war unterwegs auf uns zu, weshalb wir noch am Halloween-Donnerstag Lunenburg erreichen mussten, oder bleiben wo wir sind. Da wir Richard in Lunenburg noch einmal treffen wollten, standen wir also früh auf und machten noch ohne Kaffee und Zmorge im Magen die Leinen los. Natürlich hatten wir Gegenwind, weshalb auch dieser Trip unter Motor lief. Dazu regnete es und das Wetter testete unsere neuen Thermo-Outfits, welche uns aber warm und trocken hielten. Wir hielten uns im Windschatten der Inseln, arbeiteten uns aber in wenigen Stunden nach Lunenburg durch. Am Zwicker Dock machten wir fest und legten zusätzliche Leinen, da wir starken Seegang erwarteten.
Der Wind nahm dauernd zu, aber vor dem Aufkommen des Sturms angekommen zu sein gab uns die Möglichkeit uns auf Halloween vorzubereiten. Wir kauften Lebensmittel und einige Süssigkeiten für den Fall, dass sich in Sturm und Regen tatsächlich ein verkleidetes Kind auf den Pier hinauswagte, um «Trick or treat!» an unsere Schiebetür zu schreien. Leider kam niemand, doch die Halloween-Songs im Radio brachten uns dennoch in Feiertagslaune. Ich kochte an diesem Abend wieder einmal Fleisch ein. Zum Abendessen gab es Lunenburg Pudding – Leberwurst. Auch eine Blutwurst fanden wir im lokalen Angebot, wodurch die deutsche und schweizerische Herkunft der Einwanderer dieser Ortschaft deutlich wurde. So kommen wir auch in Kanada zu Metzgete.

Als traditionelle Bootsbauerstadt verfügt Lunenburg über drei Bootsausstatter. Schon beim zweiten fand Reto, was er suchte. Über Nacht war ihm die Idee gekommen, wie wir unser Heizungsproblem lösen konnten. Mit einer Platte würden wir eine herkömmliche Dieselstandheizung oberhalb der Steuerbordbank montieren, sofern wir die entsprechende Anlage auftreiben könnten. Doug von The Boat Locker konnte uns diese besorgen und versprach uns ausserdem, sie irgendwie überall hin liefern zu können. Da er seine Frau in Shellbourne kennengelernt hatte, erklärte er sich bereit unsere Heizung im Notfall sogar selbst zu liefern – unter dem Vorwand mit seiner Frau einen romantischen Ausflug zu machen. So würden wir spätestens im letzten Hafen, den wir anliefen bevor wir Nova Scotia verliessen, unsere Heizung bekommen. In der Holzwerkstatt gegenüber, in der die schnittigen Jachten aus den James Bond Filmen gebaut wurden, hatte das Busch-Telefon uns längst angekündigt. Paul kam persönlich auf Sea Chantey zu Besuch, um sich unsere Idee anzuhören und so war auch das Brett organisiert. Als Richard zu Besuch kam, konnten wir auf unsere baldige Heizung anstossen. Im Knot Pub, das uns von diversen Leuten empfohlen wurde und einer deutschen Familie gehört, assen wir Würste mit Sauerkraut und Fisch-Frikadellen. Traurigerweise hatte das berühmte Fisheries Museum geschlossen und Bluenose II, der Nachbau des historischen Regatta-Schoners, wurde eingewintert. Daher spazierten wir mit Richard durch die Strassen, durchstöberten einen Secondhand-Laden für Bücher, hockten eine Weile bei einem Drink und verabschiedeten uns spät abends mit Kaffee und Cheese Cake – diesmal von mir gebacken und nur halb so gut wie Richards.
Einige berühmte Schiffe, die in Lunenburg gebaut wurden:
- Bluenose I, II und der Nachbau von II
- Bounty
- Rose, aus dem Film Master and Comander
- diverse Bond-Jachten