Halbfreiwillige Weihnachtsferien

Da sassen wir nun in der Marina und hofften, dass der Boss der «Portsmouth Boating Center Inc.» zurückrief. Aber am 25. Dezember, Christmas Day, durften wir eigentlich nicht erwarten, dass jemand im Büro war, vor allem, da auch die Werft Weihnachtsferien hatte. Da der Anrufbeantworter aber versprach, dass Nachrichten regelmässig abgehört wurden, warteten wir hoffnungsvoll. Wir nutzten unsere halbfreiwilligen Ferien, um zu putzen und aufzuräumen. Reto dichtete zwei weitere Bullaugen ab, damit sind nun 4 von 8 wieder dicht. Abends hörten wir Hörspiele aus meinem Computerspeicher. Leider haben wir inzwischen alle gehört und unser Ferien-Ritual läuft damit aus. Auch am 26. Dezember warteten wir vergeblich auf einen Anruf, entschieden aber nur noch eine Nacht zu bleiben – Leck hin oder her. Zum Frühstück gab es Mailänderli, ich hatte vergessen Brot zu backen. Zum Mittag gabs Fajitas im Fish&Slips. Nicht das wir es uns wirklich leisten können schon wieder ins Restaurant zu gehen, aber in der Bar war das Internet viel stärker als auf dem Pier und es war lustig schon nach dem zweiten Barbesuch «das übliche» bestellen zu können. Auch mit der Post hatten wir kein Glück – geschlossen. Dafür verwandelte sich die Kombüse am Nachmittag in eine Backstube. Während Reto Lackarbeiten vorbereitete, backte ich dreieinhalb unterschiedliche Sorten Brot: Seewolfs Haferbrot, Kokosbrot, Brot nach Onkel Willi’s Rezept. In die Hälfte von letzterem noch ein paar Weinbeeren zu kneten, kann ich nicht als eigene Sorte zählen!

Wir gaben dem Boating Center Zeit bis Freitag, 10:00 Uhr, Ortszeit, dann würden wir ablegen. Wir setzten den Plan aber nicht um. Stattdessen klapperten wir alle Werften in Portsmouth ab, um einen Lift für unser leckendes Boot zu finden. Wir nahmen sogar den Fussmarsch zum Boating Center auf uns, aber die Freundliche Dame im Büro konnte uns nur sagen, was wir vom Telefonbeantworten wussten – der Chef war nicht da (und wie wir vermuteten, war er der einzige der den Lift benutzen durfte). Aber wir hatten von der Konkurrenz einige Telefonnummern von anderen Werften erhalten, weshalb unsere Suche am Telefon weiter ging. An Retos Telefon, denn meines scheint bald das Zeitliche zu segnen. Doch in ganz Virginia wird vor dem Dreikönigstag kein Bootslift mehr bedient, weshalb wir uns entschieden bis dahin zu bleiben und mit unserer Marina den Wochentarif aushandelten.

Da mein altersschwaches Mobiltelefon sich am Ladegerät schlecht erholt, durfte ich vom Schleifen der Kabinenwände einen Tag frei nehmen. Ich liess mich von der Fähre nach Norfolk rüberfahren und ging in die Mall, wie jede normale Amerikanerin. Ein Mobiltelefon zu kaufen, das nicht SIM-locked ist, stellte sich aber als ein Ding der Unmöglichkeit heraus. Aber im vierten Geschäft rutschte dem Verkäufer über die Lippen, dass ich dafür in ein Elektronik-Geschäft müsse und konnte mir auch eines empfehlen. Der Mann, der an einem Marktstand in der Mitte der Mall Handy reparierte, runzelte über meine elektronische Antiquität von 2015 die Stirn. «Uhh, das wäre aber eine komplexe Reparatur», sagte er, nachdem er herausgefunden hatte, dass er einerseits nur schwer an einen Akku kommt und andererseits das Handy vom Bildschirm aus öffnen müsste. Dafür plauderte ich mit ihm eine Weile übers Reisen: Als ehemaliger Navy Maschinist konnte er auf Reisen nach Asien und «leider» auch den Irak zurückblicken. Zumindest bezüglich Weihnachtseinkäufe war ich äusserst erfolgreich: Sea Chantey bekam ein neues Logbuch, denn das alte ist seit zwei Wochen voll, und Reto bekam eine Kanone (mit eingebautem Bleistiftspitzer!!)! Nur musste ich meinen Kapitän erst abstauben, bevor er die Geschenke auspacken konnte. Reto hatte den ganzen Tag alten Lack abgeschliffen, war Staubig von oben bis unten und ziemlich kaputt. Dafür durfte er sich nun mit ein bisschen Gamen erholen.

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