
Am Samstag, 21 Sept. hatten wir alles zusammen, also machte Jens die Rechnung. Nach dem Mittagessen machten wir die Leinen los. Unter Motor, weil wir den Wind genau aus der Gegenrichtung hatten, verliessen wir den MacLeod Creek und brachten etwas Abstand zwischen uns und die Landzunge Widow Point. Dort setzten wir zum ersten Mal seit einem Jahr die roten Segel. Obwohl wir wunderbar sonniges Wetter hatten, war der Wind war stürmisch und böig. Deshalb setzten wir nur den Klüver und das Besan, das zweit vorderste und das hinterste Segel, was genug war um unsere sechs Knoten zu machen. Wir schienen das einzige Boot zu sein, dass unterwegs war, was wir auf die unangenehmen Wellen schoben, die genau so lang waren wie Sea Chantey und von hinten anrollten. Wir segelten zum ersten Mal seit Monaten, weshalb mein Freund der Situation mit viel Respekt entgegentrat, während ich mit einer übermütigen Euphorie am Steuer sass und bei jeder Welle hätte «Yippie!!!» schreien können. Schliesslich mussten wir zwischen den engen Inseln und Untiefen hindurch in den St. Peters Channel. Die Wellen liessen nach, doch die Manöver zu segeln erforderten dennoch Fingerspitzengefühl. Wenige Kilometer vor St. Peters kamen wir in Gegenwind und legten den Rest der Strecke unter Motor zurück. In der Marina wurden wir von vielen Helfern empfangen, die unser hübsches Boot sehr prominent am Steg zu vertäuen halfen. An diesem Abend bekamen wir die erste Dusche seit einer Woche.

In St. Peters sind zwei Dinge allgegenwärtig: Die Schleuse mit der dazugehörigen Drehbrücke, die den Bras d’or mit dem Atlantik verbindet, und die Pirat Days, ein jährliches Fest mit Aktivitäten und Parade, das wir um eine Woche verpasst hatten. Die Schleuse war unser Ziel, denn wir wollten uns in den Maritimes umsehen, bevor wir zu den Celtic Colors nach Cape Breton Island zurückkehren wollten um anschliessend den Weg in die Karibik anzutreten. Da der Bras d’or ein Meerwassersee ist und an zwei Stellen zum Atlantik offen, hat er Gezeiten, doch sind diese versetzt zu denen des Atlantiks. Die Schleuse muss demnach in beide Richtungen funktionieren, da einmal der See höher ist und einmal das Meer. Die Drehbrücke führt über den Kanal und muss betätigt werden, wenn ein Segelboot den Kanal passiert. Zwei Personen sind also an der Schleuse und Brücke beschäftigt, weshalb in der Nebensaison (bspw. September) nicht jeden Tag geschleust wird; da die Kombination aber zu Parks Kanada gehört, ist die Benutzung gratis.
Nach dem Sonntagseinkauf (70 L Trinkwasser und Lebensmittel) gingen wir bei dem Ehepaar zu besuch, dass vor einem Jahr Reto und Pascal zum Kaffee einlud. Er besitzt ein Jacht Charter Business und sie ist Schmuck-Künstlerin. Im letzten Jahr war er gerade dabei ein Boot zu bauen mit dem beide in die Karibik wollten, es ist aber noch immer nicht bereit. Zu unserm Glück, denn deshalb waren sie zu Hause. Er gab uns einen Einblick in die Pirat Days, erzählte uns von der wunderbaren Parade und dem Bootsbau-Contest: Aus Karton und Klebeband musste innerhalb einer gewissen Zeit ein Boot gebaut werden, mit dem die Mannschaft ein Wettrennen, beziehungsweise Wettpaddeln um eine Boje im Hafen gewinnen mussten. Kartonboote!!! Mindestens die Hälfte der Mannschaften saufen ab, was äusserst lustig zu erleben und anzusehen sein muss. Es ist für die hiesige Bevölkerung ein wahres Highlight; wir hatten schon am ersten Tag eine Piratenflagge von einem Bootsbesitzer im Hafen geschenkt bekommen, die jetzt munter an unserer Flaggenleine weht. Wenn wir weiterfahren, werden wir sie aber streichen, denn es ist bis heute verboten unter schwarzer Flagge zu segeln.

Derweil hatten wir Stegnachbaren bekommen: Eine hübsche, klassische Yawl hatte neben uns festgemacht als wir vom Spaziergang zur Schleuse zurückkehrten. Sofort waren wir wieder in ein Gespräch über unsere Boote, Thorshämmer und Dieselheizungen verstrickt. Der Thorshammer, den ich diesen Sommer aus Wachs modellierte, in die Giesserei schickte und erst seit einigen Wochen trage, fiel dem jungen Mann mit den goldenen Locken sofort auf, als wir besprachen, dass wir Sea Chantey noch ein wenig nach versetzen um mehr Abstand zwischen den Booten zu haben. Schon wussten wir, dass wir es mit Dänen zu tun hatten und durften eine Dieselheizung begutachten, wie Richard sie uns hoffentlich liefern wird. Ich begann an diesem Abend noch die Gaffelgabel neu zu beschlagen, vollendete meine Arbeit aber nicht.
Hoi Stefanie
Klingt sehr interessant. Wäre gerne dabei.
Gruss
Peter
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