Wenn ich mich richtig erinnere, zogen wir die nächsten Tage ohne Landgang durch. Zumal ich ein Kleinkind habe und einen Mann versorge, ist die Zeit zum Schreiben sehr begrenzt. Darunter leidet nicht nur der Blog, sondern vor allem auch mein zweites Buch. Die «Fortsetzung» liegt praktisch auf Eis, den Blog einigermassen aktuell zu halten, versuche ich aber nach Kräften. Das Wetter war hin und wieder wählerisch mit gelegentlichen Gewittern und die Klappbrücken haben Werktags Sperrstunden (sie sperren für die Schiffe damit der Verkehr unbehelligt bleibt), daher warfen auch mal den Anker um zu warten und blieben dann doch die ganze Nacht. Nach einigen windigen Tagen an denen wir häufig im Intracoastal Waterway segelten, erreichten wir Titusville am 18ten Mai. Der Start der Atlas V Rakete war auf diesen Tag verlegt worden und von der Mooring aus, hätten wir den Start beobachten können. Allerdings vergass ich den Wecker zu stellen. Als Reto die Rakete starten hörte, war sie bereits mit einem langen Kondensstreifen in den Wolken verschwunden. Mich ärgerte es wenig den Start verpasst zu haben, aber Reto hätte so gerne zugesehen und es tat mir wirklich leid wegen dem Wecker. Erst abends legte sich der Wind genug, damit wir in die Stadt rudern konnten um einzukaufen und auszugehen.


Reto eröffnete mir, dass er zwei Bootstopper eingeladen hatte mit uns zu fahren. Dies bedeutete, dass ich Gwendolyns Krimskrams irgendwo verschwinden lassen musste, damit wir alle Schlafplätze hatten. «Aber du hast ja zwei Tage Zeit zum Aufräumen», meinte Reto ganz cool, aber als wir zwei Tage später in Marineland anlegten, hatte ich noch nicht Zeit gehabt Quartiere vorzubereiten. «Stefy, die beiden hitchhiken 300 km bis hier! Das schaffen sie nie bis heute abend.» Denkst de! Da wir Jim und Donna von letztes Jahr kannten, bekam ich eine Fahrt zum nächsten Publix. Als ich zurückkehrte, standen Chloé und Florent schon auf dem Pier. Zuerst verschwanden das Eis und die Lebensmittel, dann liess ich Gwendolyns Kleider und Windeln verschwinden, während Reto den Besuch in Schach hielt… äh… ablenkte. Aus Gwendolyns Koje mit Rand wurde ein rosa bezogenes Doppelbett. Den Kapitän verbannte ich in die Vorschiffkabine, damit Gwendolyn bei mir im Bett schlafen und ich den Rand spielen konnte, damit sie nicht aus dem Bett rollte. Im Handumdrehen war die Kabine wohnlich für fünf Personen und ich begann zu kochen. Zum Glück fragte ich nach Lebensmittelallergien, sonst hätte ich den beiden Vegetariern Bratwurst vorgesetzt.
Chloé (25, nur zehn Tage jünger als ich) und Florent (28) sind Franzosen, die sich beim Studium in Bordeaux kennengelernt hatten und seit einem Jahr unterwegs sind. Chloé ist Landschaftsplanerin, während Florent Kunst studiert hatte. Er skateboardet auf Amateur-Level und ist ein Genie darin Dinge gratis zu bekommen. Sie fotografiert mit Film und entwickelt selbst. Beide frassen in kürzester Zeit einen Narren an Gwendolyn.