Wir blieben drei Tage in Fernandina Beach, südlich vom St. Marys Inlet hängen: Einkaufen, Pakete zur Post bringen, im Buchladen stöbern und einmal wieder ein Glace essen, brauchte eben seine Zeit. Reto könnte in jedem Städtchen versumpfen, aber ich bewegte ihn bald zur Weiterfahrt. In zwei Tagestrips durch den Intracoastal Waterway erreichten wir St. Augustine – nicht. Sea Chantey’s Motordrehzahl brach regelmässig zusammen, wenn wir mehr als 2000 Touren fahren wollten. Dies ist unsere durchschnittliche Betriebsdrehzahl wenn wir unter Motor unterwegs sind, wollen wir uns aber schneller bewegen, um einem Hindernis auszuweichen oder uns gegen eine Strömung zu bewegen, könnte ein Zusammenbruch der Motordrehzahl problematisch bis gefährlich werden. Bis zum Steg eines öffentlichen Parks, den wir als Nachtlager auserkoren hatten, gelangten wir aber unbehindert. Wir liessen in allen Wasserabscheidern das Wasser ab und reinigten die grossen Dieselfilter in der Hoffnung dem Problem Herr zu werden. Bei der Abfahrt starb uns aber der Motor sogar einmal weg, bevor wir mit 2000 Touren weiter nach Süden fuhren. Reto macht sich bei solchen Problemen Dauersorgen, weshalb ich schon am Nachmittag eine Marina anfunkte, die am Weg lag. «Falls ihr zu weit rechts durch die Einfahrt ins Hafenbecken wollt, spürt ihr vielleicht einen Ruck. Wir haben da eine Sandbank», sagte der Bursche von der Marina. Wir hatten Ebbe, aber weil wir nicht warten wollten, fuhren wir – etwas zu weit rechts – in den Hafen und schwupp… sassen wir auf der Sandbank fest. Wir konnten zum warten zumindest den Motor ausschalten. Einige Stunden später machten wir am Gästepier fest und ich baute auf Retos Vermutung hin den Impeller auseinander, ohne selbst zu glauben, dass dieser das Problem war. Reto las derweil die Motorhandbücher. Der Impeller, ein kleines Gummi-Wasserrädchen, das Seewasser von aussen ins Kühlsystem pumpt, sah hervorragend aus, doch wir ersetzten ihn am folgenden Tag trotzdem, denn seine Betriebsstundenzahl hatte er längst überlebt.
Die Suche ging sehr motivations- und ratlos weiter: Reto vermutete immer noch die Kühlung, weshalb wir uns nun diesen Filter ansahen. Er sah sauber aus, weshalb wir nicht sicher waren, ob überhaupt Wasser darin war. Ob voll oder nicht, Reto bestand auf eine Prüfung der Wasseransaugöffnung, auf Verstopfung von aussen. Da er aber ziemlich blanke Nerven hatte, stand ich bei 17°C bewölkt im Bikini auf dem Pier. Das Hafenwasser war braun und trübe, ein paar Meter nebenan sassen die Pelikane auf dem Pier und irgendetwas roch unangenehm. Es brauchte viel Überwindung um mich in die Brühe zu werfen, aber was tut man nicht alles, um seinem Partner eine Sorge abzunehmen? Jeder hat Tage mit wenig Nerven. Das Wasser war nicht kalt, aber meine Füsse kaum zu sehen und der Geruch, brachten mich fast zum Würgen. Unter dem Pier lag ein toter Fisch, sehr motivierend! Reto dirigierte mich vom Pier aus zum Wassereinlass. Ich ertastete ihn erst mit den Füssen, weil er zirka einen Meter in der Tiefe 1.5 Meter von der Wasserlinie entfernt ist. Doch um sicher zu sein, dass er nicht verstopft war, musste ich mich überwinden unter den Schiffsrumpf zu tauchen. Keine Verstopfung. Zumindest durfte ich nun unter die Dusche. Abends blätterte Reto wieder in der Wartungsanweisung, während ich kochte, als er plötzlich fragte: «Stefy, haben wir den Filter in der Dieselpumpe mal gewechselt? Der war doch auch verstopft, nachdem wir mit Pascal den Golf of Maine überquert hatten.» Der winzige Filter in der Pumpe! «Ich hatte ganz vergessen, dass die Dieselpumpe einen Filter hat…»
Am folgenden Morgen bauten wir den kleinen, runden Filter aus der Dieselpumpe aus. Er war rabenschwarz und sah aus als hätte ihn jemand in Schlamm gedreht. Mit einer alten Zahnbürste putzte ich Tatobjekt, bevor wir alle Bootsbedarf-Geschäfte der Umgebung zu Fuss und per Uber nach einem solchen Vetus-Filter abklapperten. Einer von drei war fähig, das korrekte Teil online zu finden, aber bestellen konnte er es nicht. Dies war auch der Grund das Jens ihn nicht ausgetauscht hatte, dieser Filter war schwierig zu finden. Glücklicherweise waren wir unterwegs nach Titusville, was nur eine knappe halbe Autostunde von Merritt Island entfernt ist – Merritt Island hat eine Vetus Niederlassung. Wieder in der Marina nahm Reto gleich Kontakt mit Vetus auf und wir bauten den geputzten Filter wieder ein. Nach einem kurzen Testlauf wussten wir, der kleine, geputzte Filter würde uns bis nach Titusville bringen.