Am vorletzten Tag vor unserer Abreise galt es die letzten Aufgaben zu erledigen: Während ich zu Hause packte, Bankgeschäfte erledigte, Computer-Back-Ups machte und Verträge unterzeichnete (bald im Sortiment meines lieben Brighton Verlages ersichtlich), stach mein Reto schon in See. Er und unser Freund Richard gingen mit ihrer Duck Trap auf dem Bremgarter Stausee auf Jungfernfahrt. Die beiden Kindheitsfreunde hatten das vollhölzerne Ruderboot während der letzten sechs Jahre gebaut und Reto sollte sein Werk noch schwimmen sehen. Die Bootsbauer waren äusserst zufrieden mit der Dynamik ihres Baus. Richard wird es in Retos Abwesenheit vollenden – der aufsetzbare Mast fehlt noch.

Der tränenreiche Abschied von meiner Familie blieb aus, denn mein Vater hatte Bauchweh. Wie sich herausstellte nicht vor Sorge, sondern wegen eines Nierensteins. Dieser quälte ihn dermassen, dass meine Mutter ihn kurzum in die Notaufnahme fuhr und der Abschied sehr kurz ausfiel. Auch mein Bruder hielt den Abschied knapp, was mir nur recht war, weil ich mir vorgenommen hatte erst im Auto zu heulen.
Und dann kam Tag X. Retos Eltern fuhren uns zum Flughafen, wo ebenfalls alle Beteiligten froh waren, dass wir den Abschied kurz machten: Gute Reise. Bleibt gesund. Passt auf euch auf. Wir machten Mittagspause in Frankfurt, ehe eine Boeing 767 uns Holzklasse über den Teich beförderte. Ohne Rückflug! Wir wurden sowohl von der Buchungsplattform als auch vom Reisebüro davor gewarnt, dass die Einreise in Kanada schwierig bis unmöglich sei, wenn sich eine Heimreise nicht beweisen liesse. Aber nach unserem Rückflug-Ticket fragte am kanadischen Schalter niemand und wir reisten ein wie es hunderte von Touristen jeden Tag tun.
Hurricane Dorian hatte der ostkanadischen Provinz Nova Scotia zugesetzt – die ganze Provinz kämpfte mit Strom- und Telefonausfällen, weil umgestürzte Bäume die Überlandleitungen niedergefegt hatten. Es gelang uns nicht mit Retos Tante, die seit über 20 Jahren mit ihrem Mann eine Farm in Glendale bewohnt, Kontakt aufzunehmen. Da wir uns aber an der Haltestelle des Nova Shuttels verabredet hatten, wurden wir wie besprochen abgeholt. Auf der Apple Tree Farm funktionierte am Freitag, 13. September 2019 (!) weder Strom noch Telefon, ein Diesel-Generator hielt die wichtigsten Geräte am Leben. Aber abends um acht Uhr gingen plötzlich alle Lampen wieder an, nur das Internet liess auf sich warten…
Ich wünsche euch beiden viel Spass auf eurer Reise, viele grossartige Begegnungen, viel Geduld und sicheres Segeln! Ich freue mich auf weitere Berichte! Herzliche Grüsse, Fredy
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