Willkommen Gwendolyn

Zehn Tage Quarantäne rieben unsere Nerven ordentlich auf. Obwohl Retos Wohnung ein gemütlicher Ort ist, vertieben wir uns nur mit Mühe die viele Zeit, bis wir die Freiheit wieder erlangten. Ein Lego-Piratenschiff, dass seit Jahren in seiner Verpackung gewartet hatte, bauten wir zusammen. Schon im frühen Oktober brachte unser Freund Richard Zutaten, um Weihnachtsplätzchen zu backen. Ich ärgerte mich ausdauernd mit der Behöre herum, die die Quarantäne kontrollieren sollte und ähnliche unterhaltsame Spielchen. Doch kaum durften wir uns wieder in die Freiheit entlassen, krämpelten wir die Ärmel hoch: Ein Kinderzimmer musste bestückt werden, eine Hebamme besorgt, eine Vaterschaftsanerkennung zu Protokoll gegeben werden und nicht wenige Freunde mit zwei Metern Social Distancing getroffen werden. Als der Geschirrspühler endlich wieder seinen Dienst aufnehmen konnte, nachdem uns der Servicetechniker um eine Woche hatte vertrösten müssen, stapelten sich bereits ein Kofferraum voll Babykleidung im künftigen Kinderzimmer. Das Gästebett hatte in den Keller weichen müssen, den neben Kiloweise Kleidung bekam unser Baby von meiner Cousine auch ein Kinderbett und einen Kinderwagen geschenkt. Von Retos ehemaliger Freundin bekamen wir auch einen Maxi-Cosi und ein Beistellbett.

Meine Frauenärztin ärgerte sich ein wenig über das knappe Datenmaterial, dass mein bahamischer Arzt ihr in einem gelben Umschlag durch mich hatte zukommen lassen. Einige Untersuchungen des Ungeborenen sind nur in bestimmten Schwangerschaftswochen möglich und unser kleines Mädchen war schon zu gross um diese nachzuholen. Auch als ich extra zum Ultraschall ins Krankenhaus geschickt wurde, hatte unsere Süsse Lampenfieber und zeigte dem Arzt nichts, was er gern gesehen hätte. Fazit: Alles, was man sieht, sieht gesund aus! Ich war damit zufrieden und nahm weiterhin brav meine Vitamine. Auf den letzten Drücker organisierten Reto und ich einen Termin auf dem Zivilstandesamt. Aber nicht um zu heiraten, sondern damit Reto seine ungeborene Tochter anerkennen konnte und ich das Gemeinsame Elterliche Fürsorgerecht erklären konnte. Überraschend schnell fanden wir eine Hebamme, die unsere Wochenbettbetreuung übernahm, und einen Kinderarzt. Nach zwei Beratungsterminen mit unseren Krankenkassen und langem vergleichen, schlossen wir auch eine Krankenversicherung für unser Kind ab. Damit waren die wichtigsten Punkte abgehakt.

Nun begannen wir wieder zu warten. Die Woche vor dem Geburtstermin verstrich, der Geburtstermin verstrich und das Kindlein strampelte vergnügt weiter in meinem Bauch. Regelmässig wurde sein Gesundheitszustand von meiner Frauenärztin kontrolliert: Dem Baby ging es auch drei Tage nach dem Termin hervorragend. Am sechsten Tag wurde ich ins Kantonsspital Aarau, wo ich zur Geburt angemeldet war, weitergeschickt und die Prozedur des Wehenschreibens und Ultraschallens wurde noch am gleichen Nachmittag wiederholt. Es machte mich doch etwas nervös, dass inzwischen von einer eventuell nötigen Einleitung der Geburt gesprochen wurde. Doch weil Ultraschall und Herztöne auf ein gesundes Kind hinwiesen, durften wir weiter warten. Am achten Tag nach dem Termin meinte die Hebamme, ich sollte es mit Wehentee versuchen. Ich braute mir zu Hause gleich einen ganzen Krug voll, bemerkte aber vorerst keine Veränderung. Erst am Freitag bei meinen Eltern kamen die Wehen und wurden nach einem kleinen Spaziergang rasant stärker. Trotzdem entschied ich, zuerst nach Hause zu fahren. Das Abendessen war allerdings nicht mehr gemütlich und wir fuhren umgehend nach der Kürbissuppe in Spital Aarau. Um Halb Neun abends wurden wir in den Gebärsaal geführt, wo ich nach dem obligatorischen Corona-Schnelltest «zur Entspannung» in die Badewanne durfte. Ich hätte mein Baby gern im Wasser zur Welt gebracht, aber die speziellen Geburtswannen waren alle besetzt. Daher wurde ich von Reto und der Hebamme wieder auf die Liege verfrachtet, sobald die Presswehen einsetzten. Sechs Wehen und einen Dammriss später lag nach nur zweieinhalb Stunden ein gesundes, kleines Mädchen auf meinem Bauch. Und nachdem ich zusammengeflickt worden war, durften Gwenny und ich endlich ins (Wochen-)Bett.

Gwendolyn Sea Güttinger

geboren am Freitag, 20.11.2020 um 11:17 Uhr abends

Da an Gwenny’s Geburtstag auch viele andere Kinder zur Welt gekommen waren, war die Wochenbett-Abteilung des Spitals ein bisschen am Anschlag. In unserem Zimmer weckten sich die Kinder mit ihrem Geschrei gegenseitig und wollten oft Stundenlang nicht mehr einschlafen, was das Wochenbett sehr stressig machte. Glücklicherweise waren Gwendolyn und ich aber in so guter Verfassung und gaben beim Stillen und Wickeln ein so gutes Team ab, dass wir schon am Montag nach Hause durften. Nach einem anstrengenden ersten Tag lebte Gwendolyn sich wunderbar ein und wir konnten uns zusammen gut erholen. Unser sowieso schon grosses, gut entwickeltes Kind entwickelte sich prächtig: Schon nach zehn Tagen hatte sie wieder ihr Geburtsgewicht. Gwenny ist so kräftig, dass sie schon am Tag nach der Geburt alleine den Kopf heben konnte. Ausserdem saugt sie wie ein kleiner Staubsauger. Lieber Leser, für Sie ist es offensichtlich – wir sind vollkommen vernarrt in unsere kleine Seefahrerprinzessin.

4 Gedanken zu „Willkommen Gwendolyn

  1. Liebe Stefanie Lieber Reto

    Herzliche Gratulation zu eurer Tochter. Schön, dass die Geburt doch noch natürlich möglich war. Jetzt habt ihr ein Seepferdchen, welches ihr liebend in den Armen halten dürft. Viel Freude und Erfüllung wünscht euch

    Markus Waser Mattenweg 14 5314 Kleindöttingen waser.markus@icloud.com +41 79 475 75 44

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